Erntedank 2020

Erntedank am 27.9.2020, Brenzkirche
Pfarrer Karl-Eugen Fischer

NL+ 121,1 Die Himmel erzählen die Ehre Gottes

Psalm 36,6-10
Gott, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist,
und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen.
Deine Gerechtigkeit steht wie die Berge Gottes
und dein Recht wie die große Tiefe.
Gott, du hilfst Menschen und Tieren.
Wie köstlich ist deine Güte, Gott,
dass Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel Zuflucht haben!
Sie werden satt von den reichen Gütern deines Hauses,
und du tränkst sie mit Wonne wie mit einem Strom.
Denn bei dir ist die Quelle des Lebens,
und in deinem Lichte sehen wir das Licht. f

Erzählung zum Lied „wir pflügen und wir streuen
Birk steht gähnend auf und streckt die Nase in die Morgensonne. Zufrieden blickt er von der Scheune bis zum Bauernhaus und streckt sich. Alles in Ordnung hier in meinem Revier, denkt er. Niemand kann den Hof betreten, ohne dass ich es melde. Und auch der Fuchs weiß, dass er mich nicht überlisten kann.
Birk, ihr habt es wahrscheinlich erraten, ist ein Hund. Ein stattlicher Hund mit rötlichem Fell. Der 3 jährigen Lea kann er bequem in die Augen schauen. Er ist ein freundlicher Hund, der besonders die Kinder auf dem Hof sehr gern mag.
Eben will Birk sich noch einmal aufs Ohr legen, da kommen die Frauen aus dem Haus. Sie haben Körbe dabei. Darin duften Käse und Brot. Die Männer beladen den Wagen mit Sicheln und allerlei Geräten. Die Bäuerin ruft Birk zum Hoftor. Das heißt: Heute darfst du mitkommen. Birk antwortet mit übermütigem Bellen. Auf! Ich bin bereit.
Die Gruppe, bestehend aus der Bauernfamilie, Knechten und Mägden, setzt sich in Bewegung. Sie sind guter Laune. Eine summt eine Melodie:
EG 508 „Wir pflügen und wir streuen“ leise auf der Orgel spielen
In den Ohren das Lied und die Nase am Boden, trabt Birk nebenher. Hier riecht es nach dem grauen Kater, der täglich am Hoftor vorbei streift. Dort reicht es nach dem Mann, der die Milchkannen abholt.
Als die Häuser hinter ihnen liegen und seine Pfoten das weiche Gras unter sich spüren, bleibt Birk stehen und streckte die Nase wieder in den Wind. Ganz lange und aufmerksam steht er da.
Hier riecht es anders als zu Hause:
Salziges,
Würziges,
Lehmiges,
Süßes,
Lebendiges
weht Birk um die Nase. Am liebsten würde er von allem probieren. Er beißt in das saftige Gras und scharrt mit den Pfoten in der Erde. da riecht es nach den orangefarbenen Wurzeln, die er so gerne mag … welch ein Festschmaus!
Die trockenen, gelben Halme, an denen die Menschen sich zu schaffen machen, interessieren ihn dagegen kaum.
Die aber beginnen plötzlich zu singen
Wir pflügen und wir streuen, 
den Samen auf das Land, 
doch Wachstum und Gedeihen 
kommt aus des Himmels Hand. 
Der tut mit leisem Wehen 
sich mild und heimlich auf 
und träuft wenn heim wir gehen 
Wuchs und Gedeihen drauf.
Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn, 
drum dankt ihm, dankt, 
drum dankt ihm, dankt 
und hofft auf ihn!

Birk legt den Kopf schief und blickt nach oben. Sonderbar. Von welcher Hand des Himmels singen die da… ? Da oben ist doch nur Luft. Weit und breit nur blau und ein paar Wolken. Keine Hand zu sehen. Und auch nicht zu riechen.
Die Hand des Bauern, ja, die riecht nach Erde und Schmieröl. Die Hand der Bäuerin nach Mehl und Salz und Honig.
Birk reckt die Nase noch weiter nach oben. Aber sosehr er sich anstrengt, er kann am Himmel keinen neuen Duft wahrnehmen.
Da ruft die Stimme der Bäuerin Birk aus den Gedanken. das Vesper ist bereit! Kommt alle her! Unauffällig geht auch Birk näher zum Korb mit dem Brot. Er weiß wohl: Sie werden mir nichts geben von ihrem Menschenessen. Aber den Duft vom Brot hat er in der Nase und überlegt: Woher kommt eigentlich das Essen von den Menschen? Wer füllt ihnen den Teller, wenn sie hungrig sind?
Gibt es überhaupt jemanden, der die Menschen füttert? Eigentlich kümmern die sich doch selber um ihr Essen. Sie lagern es in der Speisekammer, im Keller und im Speicher. Über all riecht es verführerisch. Birk kann zwar Türen öffnen aber die Schlüssel haben die Menschen.
Die Menschen brauchen niemanden. Niemand gibt ihnen Essen. Aber, anders als er selber, liegen die auch nie in Ruhe in der Sonne. Sie sind irgendwie immer beschäftigt.
Es ist wie in dem Lied. Im Frühjahr stellt der Bauer Säcke mit Körnern bereit und bringt sie mit Pferd und Wagen raus auf die Felder. Dann werden die Körner auf den Ackerboden gestreut. Ein paar Tage später strecken sich kleine grüne Halme aus der Erde. Sie wachsen mit jedem Regen bis die grünen Halme im Wind hin und her wogen wie das Meer. Unter der heißen Sommersonne werden sie trocken und gelb. Oben in den Ähren haben sich kleine Samen-Körner gebildet. Riechen trocken und würzig – nicht mein Ding, denkt er.
Und jetzt sind alle hier zur Ernte. Mit Sicheln schneiden sie die Halme mit den Ähren ab. Binden sie zu Garben-Bündeln zusammen. Daraus werden dann die Körner heraus gedroschen, in Säcken gesammelt und zur Mühle gebracht. Aus dem Mehl backen die Menschen Brot. Beim dem Gedanken an den Duft läuft Birk das Wasser im Mund zusammen. Manchmal bekommt er auch etwas. Ja, sie sind gut zu ihm, die Menschen!
Behaglich legt Birk sich ins Gras, wälzt sich hin und her und bleibt auf dem Rücken liegen. Er denkt wieder nach.
Obwohl die Menschen so viel können, singen sie, dass sie das alles nicht aus eigener Kraft schaffen und danken jemandem da oben im Himmel?!
Und siehe da, schon singen sie wieder:

EG 508,2 (ohne Refrain)
Er sendet Tau und Regen
und Sonn- und Mondenschein,
er wickelt seinen Segen
gar zart und künstlich ein
und bringt ihn dann behende
in unser Feld und Brot:
es geht durch unsre Hände,
kommt aber her von Gott.

Regen! Den können die Menschen nicht machen…
Gott sei Dank, sagen sie, endlich Regen! wenn es nach vielen trockenen Tagen sanft vom Himmel tropft.
Er selber sieht und riecht, wie erfrischt die Pflanzen nach dem Regen sind.
Hin und wieder ist der Himmel aber auch bedrohlich. Dann schüttet es wie aus Eimern. Blitze zucken aus dunklen Wolken und der Wind reißt wütend an den Bäumen und na seiner Hütte. Alle bekommen Angst. Das sind keine schönen Tage.
Aber dann beobachtet Birk: Das Wasser, das vom Himmel kommt, sammelt sich erst in den Pfützen auf dem Hof, fließt dann in kleinen Rinnsalen zum Bach, von dort in den Mühlweiher und weiter zum Fluss. Schließlich landet es im großen Wasser, dem Meer hinter dem Hügel:
EG 508,3
Was nah ist und was ferne,
von Gott kommt alles her,
der Strohhalm und die Sterne,
der Sperling und das Meer.
Von ihm sind Büsch und Blätter 
und Korn und Obst, von Ihm.
Das schöne Frühlingswetter 
und Schnee und Ungestüm.
Sonderbar – wunderbar…! Birks Blick streift über die Landschaft. Er sieht die Felder, den Hügel, das Meer und die Insel. Er sieht die Menschen, die schon wieder gebückt im Feld stehen und arbeiten. Birk staunt mehr und mehr. All das hängt zusammen. Regen und Meer, Mehlsack und Strohhalm, der blaue Himmel und der kleine braun gefleckte Sperling.
Sperlinge kommen jetzt in Scharen auf das Feld. Sie fliegen hierher und dorthin mit aufgeregtem Zwitschern. Wo die Garben bereits abgeschnitten sind, picken sie nach den liegen gebliebenen Körnern. Also sorgt der Himmel nicht nur für die Menschen und Hunde auf dem Hof, sondern auch für die Vögel im Himmel und all die Tiere auf den Feldern, die weder säen noch ernten, sondern einfach nur da sind und essen und zwitschern.
Also ist das die „Hand des Himmels“, dass alle leben und es gut haben können.
Gott sei dank! Jetzt versteht Birk auch, was das heißt. Und das Lied von der Hand des Himmels klingt ihm noch im Ohr. Wie schön! Wie schön ist es, hier zu sein und all das zu hören, zu sehen, und zu wissen.“
Birk schnauft tief und rollt sich im Gras ein. Im Halbschlaf denkt er Perfekt wäre es wenn ich die Hand des Himmels nun auch noch riechen könnte! Sie duftet bestimmt unvergleichlich gut.
EG 508,4
Er läßt die Sonn aufgehen,
er stellt des Mondes Lauf;
er läßt die Winde wehen
und tut den Himmel auf.
Er schenkt uns so viel Freude,
er macht uns frisch und rot;
er gibt den Kühen Weide
und unsern Kindern Brot

Bildbetrachtung Paul Gaugin, „Ernte am Meer“

Das warme Gelb des Kornfelds. Das blaue Meer, das bis zum Horizont reicht. Darüber der Streifen einer Insel vor einem hellen Himmel. Das satte Grün einer Wiese. Darauf ein orangefarbener Hund, der gelassen etwas wahrnimmt, was hinter ihm geschieht. Drei Segelboote auf dem Meer. Frauen bei der Ernte. Feld und Meer trennt ein bewachsener, steiniger Berg. Nicht die harte Arbeit der Frauen ist gemalt, sondern der Gesamteindruck einer Natur, die mit sich im Gleichklang ist: Der Mensch ist Teil davon. Das Tier als Begleiter wie selbstverständlich dabei. Man möchte sich dort auf die Wiese setzen, den Alltag vergessen, sehen wie das Korn geerntet wird, die Boote ihre Spur im Wasser ziehen. Das Bild ist wie ein Fluchtpunkt heraus aus dem Getriebe und der Hektik der Welt. …

NL+ 121,4+5 Die Himmel erzählen …

Loben ohne Lügen:
Gott, unser Leben und die Welt
sind in Gefahr geraten.
Wir haben die Natur entstellt
durch unbedachte Taten.
Wir beteten den Fortschritt an;
zum Zeichen, was er kosten kann,
wächst Gift aus unseren Saaten
Du gabst uns Forschergeist und Macht,
den Lebensraum zu pflegen.
Wir gaben wenig darauf acht
und wirkten nicht zum Segen.
Wir werden wach und merken nun,
wir dürfen, Gott, nicht alles tun,
was wir zu tun vermögen.
Gib, dass uns Wirtschaft und Gewinn
nicht in die Irre treiben,
dass wir uns nicht dem Sog darin
bedenkenlos verschreiben.
Das Wohl des Menschenlebens nur
und die Gesundheit der Natur
muss letzter Wille bleiben.
Wir stoßen heute so wie nie
an unseres Wachstums Grenzen
Gott, gib uns Mut und Phantasie,
die Technik zu ergänzen
durch eine neue Lebensart,
die Güter teilt und Kräfte spart
mit allen Konsequenzen.
Wir Christen wollen nicht zurück
in die vergangenen Zeiten.
Doch jeder soll an seinem Stück
die Lebensform bereiten,
die uns’ren Anspruch unbedingt
in Einklang mit der Schöpfung bringt
und ihren Wirklichkeiten.
Du hast die Welt uns anvertraut,
sie menschlich zu gestalten.
Wer für die Zukunft plant und baut,
muß dein Gebot entfalten.
wir stehen auf aus Schlaf und Traum
und sind gewillt, den Lebensraum der Nachwelt zu erhalten.
(Quelle unbekannt)

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