Funktionsweise einer Orgel

Herz einer jeden Orgel ist die sog. Windlade. Alle Pfeifen – mit Ausnahme der Prospektpfeifen – stehen auf der Windlade. Über dem Windkasten liegen im Prinzip zwei feste Bretter, Fundamentbrett und Pfeifenstock, zwischen denen lange Holzleisten, Schleifen genannt, bewegt werden können. Alle besitzen dieselbe Bohrung für die Luftzufuhr. Mit der beweglichen Register- schleife kann diese jedoch durch die Lochverschiebung an- und abgestellt werden. Die Spielventile regeln die Luftzufuhr der Tonkanzellen, also für den einzelnen Ton. Schauen Sie sich das Schaubild an und verfolgen Sie die Luftzufuhr bis zur Pfeife, sobald die Welle durch die Taste gedreht wird und damit der Abzugsdraht das Ventil öffnet.
Eine besondere Windlade ist die Zwillingslade (Wechselschleife).

Die neue Orgel der Martinskirche – Konzeption und Gestaltung

Jede Orgel ist ein Unikat, weil sie einzig für den architektonischen Raum erbaut wird, in dem sie erklingen soll.

Wie sieht nun die Neuorganisation und der Teilneubau der Orgel in der Martinskirche aus: Erfreulicherweise kann das Pfeifenmaterial der neuen Orgel nahezu vollständig aus dem alten Bestand übernommen werden: alte Weigle-Orgeln zeichnen sich eben durch bestes Material und handwerkliche Solidität aus. Die alte dreimanualige Orgel der Firma Weigle (Gründung 1845- Auflösung 1985) mit 27 + 3 Registern wird nun von der Firma Mühleisen auf eine zweimanualige Orgel mit 16 Registern, davon 3 Erweiterungen zurückgebaut. Die sog. Disposition des Instruments, d.h. die neue Zusammenstellung der Register, die Spiel- und Registertraktur und die Stimmung der Orgel wurde vom Orgelbauer und dem Orgelsachverständigen erstellt. Die Registerdisposition können Sie der Registergrafik entnehmen. Mit der neuen Disposition muss nun auch die Spielanlage, Windlade, Schwellkasten, Gehäuse, Prospekt u.a. neu konzipiert werden.

Eine Besonderheit der neuen Spielanlage ist die Wechselschleife.

Bild und Grafik können dies veranschaulichen:


Wie der Name Wechselschleife schon deutlich macht, haben wir es mit einem Schleifladensystem zu tun, bei dem ohne Koppeln dieselbe Pfeifenreihe von zwei Klaviaturen – hier Manual I und Manual II – angespielt werden kann. Es gibt also kein Hauptmanual und kein Positiv, sondern alle vorhandenen Manualpfeifen können beliebig auf die beiden Manuale verteilt werden. Die Grafik veranschaulicht die drei Windführungen beim Spiel auf den 2 Manualen:

  1. Spiel auf Manual I – geöffnetes Spielventil I
  2. Register sind ausgeschaltet – Windzufuhr gesperrt
  3. Spiel auf Manual II – geöffnetes Spielventil II

Die Registerschleifen der Windlade besitzen also jeweils zwei Bohrungen und zwei Ventile für jeden Ton, also jede einzelne Pfeife. Damit benötigt man für zwei Manuale nur eine Windlade.

Der neue Orgelprospekt

Mit der Neukonzeption erhält die Orgel auch ein neues „Gesicht“, die Schauseite des Instruments, der sog. Prospekt. Dieser muss sich vor allem in die Architektur des Raumes einpassen. Das Bild des Architekturbüros studio prinzmetal von Aaron Werbick (Dipl-Ing.) vermittel einen vorläufigen Eindruck.


Der Prospekt wird geprägt von den aus Metall bestehenden Prospektpfeifen. Dabei ist zu beachten, dass sich die Prospektpfeifen mit dem gesamten Instrument klanglich optimal entfalten können.

Nach der Fertigstellung des Instruments verdient die Intonation der Orgel die größte Aufmerksamkeit– hier zeigt sich die Meisterschaft einer Orgelfirma. Jede einzelne Pfeife wird für deren Klangfarbe, Lautstärke, Tonsauberkeit bearbeitet, intoniert, unter Berücksichtigung der neuen Raumakustik.

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